Müssen Sportler sich frühzeitig für eine Sportart entscheiden, um als Erwachsener Profi zu werden
und das höchste Niveau zu erreichen? Sind Höchstleistungen nur durch eine frühe Spezialisierung zu
erreichen? Oder ist eine vielseitige Schulung von Fähigkeiten und Fertigkeiten vielleicht doch
sinnvoller? Profitieren (Spiel-)Sportler von der Teilnahme an anderen Sportarten?
11Gerade im Fußball ist ein Trend zu beobachten, in dem größere Vereine bereits früh beginnen Spieler
für ihr Nachwuchsleistungszentrum zu scouten. Mitunter sind hier bereits bei U9 Spielen
Talentsucher anwesend. Ein früher Zugang zu NLZ oder Vereinen mit besseren Bedingungen als der
Heimatverein bieten kann gilt als guter Einstieg in die Entwicklung und Grundstein einer erfolgreichen
sportlichen Karriere.
Junge Sportler, die mehrere Sportarten betreiben wollen, hören häufig sie müssen sich für eine Sache
entscheiden um erfolgreich zu sein. Doch ist eine frühe Spezialisierung nötig, sinnvoll und
zielführend? Wir wollen einen kurzen Überblick über mögliche Vor- und Nachteile einer frühen oder
einer späten Spezialisierung verschaffen. Wie so oft, ist hier keine ?Schwarz oder Weiß? Antwort
möglich. Die Wahrheit liegt auch hier in der Mitte.
Unter früher Spezialisierung wird verstanden, sich bereits in jungen Jahren (vor der Adoleszenz)
ausschließlich auf eine einzige Sportart festzulegen und ausschließlich diese Sportart zu betreiben.
Hier werden drei Faktoren aufgeführt:
Ein früher Einstieg in eine Sportart ermöglicht ein frühes Erlernen der spezifischen Techniken und ist
somit durchaus sinnvoll. Im Eishockey beispielsweise sollte möglichst früh mit dem Schlittschuhlaufen
begonnen werden, um in höheren Altersstufen diese Fertigkeit perfektioniert zu haben. In einigen
wenigen Sportarten ist eine frühe Spezialisierung unter Umständen sinnvoll oder nötig. Im Turnen ist
das Alter für Spitzenleistungen sehr jung, wodurch hier eine frühe Spezialisierung nötig ist.
Während ein früher Einstieg in den organisierten Sport und angeleitetes Training sinnvoll ist, birgt die
frühe Spezialisierung auf eine einzige Sportart einige Gefahren. Mehrere wissenschaftliche Artikel
(2,3) und akademische Forschungen weisen auf mögliche negative Auswirkungen der frühen
Sportspezialisierung hin:
Eine frühe Spezialisierung stellt keinen Faktor oder Garantie für späteren Erfolg oder eine folgende
Karriere im Hochleistungsbereich oder Spitzensport dar. Eine späte Spezialisierung ist ebenfalls keine
Garantie für das Erreichen eines hohen Leistungsniveaus, bietet jedoch einige Vorteile gegenüber der
frühen Spezialisierung und wird daher meist empfohlen. Viele hochklassige Athleten berichten, in
jungen Jahren neben ihrer Sportart andere, ergänzende Sportarten betrieben zu haben. (2-4)
Die nachfolgenden Vorteile einer frühen Diversifikation können bei einer späteren Spezialisierung auf
eine Sportart nützlich sein: (2,3,5)
Der Zeitpunkt der Spezialisierung ist abhängig von der jeweiligen Sportart. Wie bereits erwähnt gibt
es einige Ausnahmen, in denen einen frühe Spezialisierung nötig ist. Allgemein gilt für die meisten
Sportarten, allen voran den Spielsportarten wie Fußball, Basketball, Eishockey etc. jedoch die
Empfehlung, sich während der mittleren Adoleszenz, also der Altersspanne von 14 - 18 Jahren auf
eine Sportart zu spezialisieren. In individual Sportarten mit hohem Trainingsaufwand wie den
Ausdauerdisziplinen ist eine noch spätere Spezialisierung möglich.
Eltern und Trainer, sollten Kindern demnach eine vielseitige sportliche Entwicklung ermöglichen, um
die allgemeine Entwicklung des Sportlers zu begünstigen, die sich auf eine spätere Spezialisierung
positiv auswirken kann. Neben dem strukturierten Training sollten Möglichkeiten für freies,
unstrukturiertes Spiel geschaffen werden.
Ein "polysportiver" Ansatz ermöglicht jungen Sportlern nicht nur eine vielseitige körperliche und
sportliche Entwicklung, sondern auch das Kennenlernen anderer Sportarten, die den jeweiligen
Interessen entsprechen. So kann auch wenn der Fokus auf einer Sportart liegt eine ergänzende
Teilnahme in einer anderen Sportart einen großen Mehrwert bieten.
Eltern und Trainer sollten den gesamten wöchentlichen Trainingsumfang beachten, der 16 Stunden
nicht übersteigen sollte. Zudem sollte auf Zeichen wie Stress, Burnout oder physische Probleme
geachtet werden. (2,3)
Wie eingangs erwähnt gibt es hier kein Schwarz und Weiß. Neben dem individuellen Interesse,
Potenzial und Wohlbefinden des jeweiligen Sportlers, spielt auch die Sportart eine Rolle in der Frage
nach einer Spezialisierung. Während in manchen Sportarten eine frühe Spezialisierung nötig ist und
ihren Platz hat, bietet eine späte Spezialisierung in Spielsportarten zahlreiche Vorteile, die sich später
in der Karriere bezahlt machen können. Ein früher Einstieg in die jeweilige Sportart bietet viele
Vorteile, jedoch sollte sie nicht die einzige sportliche Aktivität sein.
Trainer sollten hier ein entsprechendes Mindset an den Tag legen. Ein zusätzliches Training in einer
anderen Sportart bietet meist einen großen Mehrwert in der Entwicklung des jungen Sportlers und ist
daher nicht als Konkurrenz anzusehen. Viel mehr unterstützt diese frühe Diversifikation die später
folgende Spezialisierung.